Vorurteile gegenüber natürlicher Verhütung

Die 9 größten Vorurteile gegenüber natürlicher Verhütung – und wieso sie teilweise stimmen

In Schubladen denken. Niemand möchte es, jeder tut es. Manchmal stimmen die Vorurteile, die wir so haben, meistens jedoch nicht. In diesem Artikel mache ich Tabula Rasa und schreibe über die gängigsten Vorurteile, die es gegenüber natürlicher Verhütung gibt. Mit dem Ziel sie aus dem Weg zu räumen. Oder auch mal zu bestätigen.

 

 

1. Vorurteil gegenüber natürlicher Verhütung: Sie ist unsicher

 

Im Jahr 2012 hielt ich die Box, in der mein neuer Verhütungscomputer verpackt war, in der Hand und las: 99,7 Prozent Sicherheit bei Anwendung der symptothermalen Methode, 97 Prozent Sicherheit bei Anwendung der reinen Temperaturmessung. „Was will man eigentlich mehr?“, habe ich mich gefragt. Ganze 100 Prozent natürlich. Nur leider vergessen wir bei diesem Wunsch, dass es keine 100 Prozent gibt, bei keinem einzigen Verhütungsmittel.

 

99,7 Prozent entspricht einem Pearl-Index von 0,3. In einem Zeitraum von einem Jahr sind also 3 von 1000 Frauen mit der symptothermalen Methode schwanger geworden. Für mich eine schwindend geringe Anzahl. Man muss die Methode aber beherrschen, um keine der 3 Frauen zu sein, werdet Ihr mir jetzt entgegnen. Ja, stimmt, muss man. Nur ist das bei der Pille nicht anders. Vergisst man ihre Einnahme oder achtet nicht auf Wechselwirkungen mit Medikamenten, schützt sie eventuell nicht. Solche Anwendungsfehler kann man auch bei der natürlichen Verhütungsmethode nicht gänzlich ausschließen – daher solltet Ihr Euch unbedingt mit der Funktionsweise der Methode beschäftigen.

 

2. Vorurteil gegenüber natürlicher Verhütung: Man muss sie erst erlernen

 

Ja, das stimmt. Dieses Vorurteil kann ich zwar 100-prozentig (aha!) bestätigen, sehe es jedoch nicht als Nachteil an. Denn ich denke, dass jede Frau den gesamten Lernprozess spannend und interessant finden wird. Ich selbst habe mich damals wie ein kleines Kind darauf gefreut, morgens meine Temperatur zu messen und in mein Kurvenblatt einzutragen. Es ist ein unbeschreiblich tolles Gefühl, wenn man dann irgendwann in der Lage ist, seinen eigenen Eisprung zu erkennen! Und das geht schneller als man denkt.

 

3. Vorurteil gegenüber natürlicher Verhütung: Sie ist aufwendig

 

Nö, gar nicht (mehr). Anfangs, in der Lernphase, kommt sie einem vielleicht ein wenig aufwendig vor. Aber der Aufwand hält sich in Grenzen und macht zudem unheimlich viel Spaß. Denn man lernt ja so viel über sich, seinen eigenen Körper und wie er funktioniert. Zum Glück ist der Mensch außerdem ein Gewohnheitstier: Schon nach ein paar Zyklen verinnerlicht man das morgendliche Messen und die tägliche Schleimbeobachtung. Heute denke ich gar nicht drüber nach, ich greife morgens automatisch zu meinem Thermometer (mittlerweile nur noch an zirka 10-12 Tagen pro Zyklus). Ich vergleiche den Aufwand natürlicher Verhütung immer mit dem Schlucken der Pille: Am Anfang fiel es mir schwer, mich täglich daran zu erinnern, doch nach einiger Zeit wurde es zur selbstverständlichen Routine. Und mit einer App beziehungsweise einem Verhütungscomputer minimiert sich der sogenannte Aufwand sowieso um ein Vielfaches. In diesem Post schreibe ich mehr zum Thema Aufwand.

 

4. Vorurteil gegenüber natürlicher Verhütung: Man braucht einen regelmäßigen Zyklus

 

Nochmal nö. Da man mit der symptothermalen Methode den Eisprung jeden Monat aufs Neue bestimmt, ist es piepegal, wie lang Dein Zyklus ist oder ob er schwankt. Und überhaupt: Was heißt schon regelmäßig? Wir sind schließlich keine Maschine, da darf er ruhig mal mehr und mal weniger Tage betragen. Mehr zum Thema liest Du in diesem Post.

 

5. Vorurteil gegenüber natürlicher Verhütung: Ich muss ständig Teststäbchen nachkaufen

 

Ja, also wenn Ihr Persona verwendet, dann müsst Ihr das wohl. Aber Persona ist für mich kein zuverlässiger Verhütungscomputer! Persona wertet nämlich nicht nach der symptothermalen Methode aus, sondern misst Euren Hormonspiegel. Und dafür braucht Ihr diese teuren Teststäbchen. Mit der symptothermalen Methode entstehen Euch hingegen keinerlei Folgekosten, außer ggf. für einen Batteriewechsel für Euer Thermometer oder Euren Verhütungscomputer. Mehr zu Persona in diesem Blog-Post.

 

6. Vorurteil gegenüber natürlicher Verhütung: Ich muss jeden Morgen exakt zur gleichen Zeit messen

 

Dieser Punkt hat mich anfangs sehr beschäftigt, und verunsichert sicherlich viele von Euch, vor allem, wenn Ihr 9-to-5 arbeitet und am Wochenende ausschlafen möchtet. Ihr müsst ganz bestimmt nicht jeden Tag zur exakt gleichen Uhrzeit messen, ein wenig Spielraum dürft Ihr Euch schon einräumen. Man kann jedoch nicht pauschal sagen, wie viel. Einigen Frauen macht ein Zeitunterschied von einer Stunde vielleicht schon etwas aus, andere wiederum können mit einer Differenz von drei Stunden ihre Zykluskurve regelkonform auswerten. Ihr müsst es einfach ausprobieren!

 

Wenn Ihr merkt, dass durch unterschiedliche Messzeiten zu viele Zick-Zacks entstehen, dann stellt Euch auch am Wochenende einen Wecker, messt schnell Eure Temperatur und schlaft weiter. Das geht ideal mit einem Verhütungscomputer, der sehr schnell misst und den Wert automatisch speichert. Ich selbst stelle mir übrigens nie einen Wecker, ich messe egal zu welcher Uhrzeit und kann meine Zykluskurve bis auf ganz, ganz wenige Ausnahmen immer auswerten. Mehr zum Thema Messzeit hier.

 

7. Vorurteil gegenüber natürlicher Verhütung: Ich kann keinen Alkohol mehr trinken

 

OMG, das wäre ja schrecklich! (Zu viel) Alkohol am Vorabend hat zwar einen Einfluss auf Eure Basaltemperatur am Morgen danach und gilt als sogenannter Störfaktor. Da Ihr diese Temperatur aber ausklammern könnt, hat sie keinen Einfluss auf die Sicherheit der symptothermalen Methode, denn sie wird einfach nicht in die Berechnung mit einbezogen. Gleiches gilt übrigens auch für Erkältungen, unruhigen Schlaf, Fieber und so weiter. Wenn Ihr abends ein Bier oder Gläschen Wein trinkt, dann könnt Ihr selbstverstädnlich bedenkenlos am nächsten Morgen messen. Sollte es mal mehr werden, schaut einfach wie Ihr Euch am Morgen danach fühlt: Seid Ihr verkatert und es geht Euch nicht so gut, würde ich nicht messen. Fühlt Ihr Euch hingegen ganz ok, spricht nichts dagegen.

 

8. Vorurteil gegenüber natürlicher Verhütung: Sie ist nur etwas für Frauen ab 30

 

Völliger Quatsch! Natürliche Verhütung ist etwas für ALLE Frauen, egal ob jung oder alt. In erster Linie fehlt es nur an Aufklärung über das Thema, und die sollte in der Schule beginnen. Vielleicht haben einige Teenager nicht das Interesse und die Geduld, sich in das Thema einzuarbeiten, aber mit ein bisschen Disziplin und Verantwortungsbewusstsein, können auch junge Mädchen natürlich verhüten. Ich selbst würde es meinem früheren 17-jährigen-Ich jedenfalls durchaus zutrauen. Allerdings wird natürliche Verhütung offiziell erst NACH der Pubertät empfohlen, da sich der Zyklus währenddessen erst einpendeln muss.

 

9. Vorurteil gegenüber natürlicher Verhütung: Mit Kind ist sie nicht möglich

 

Oh doch! Ich habe 4,5 Monate nach der Geburt meiner Tochter wieder angefangen, natürlich zu verhüten, also meine Temperatur zu messen und meinen Zervixschleim zu protokollieren. Allerdings habe ich nicht gestillt, für die Stillzeit gibt es gesonderte Regeln. Natürlich sind meine Nächte nicht mehr so ruhig wie früher, und damit nicht alle Zyklen auswertbar, aber im Großen und Ganzen funktioniert es prima. Anfangs habe ich übrigens die Daysy verwendet, mittlerweile mySense.

 

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2 Comments
  • Bylle
    Antworten

    Hallöchen!

    Ein Ort, an dem diese Vorurteile besonders geschürt wurden (ob es heute anders ist, weiß ich nicht, jedenfalls war es in den 2000ern so), ist der Sexualunterricht in der Schule.
    Im Lehrbuch noch nicht erwähnt, aber von den Lehrpersonen und Mädchen-Beratungsstellen als völlig unsicher eingestuft. Wobei ich davon ausgehe, dass man sich damals auf die Kalendermethode berief.
    Jedenfalls habe ich deshalb bis heute Freundinnen, die überzeugt davon sind, dass NFP nicht sicher sei. Wenn ich ihnen versuche zu erklären, was es da für Unterschiede gibt und was tatsächlich sicher ist, schalten sie aber schon ab und sind nicht mehr für’s Thema offen – ist ja eh nicht sicher.
    Leider ist es für viele (Unwissende) auch einfach eine Art Glaubensfrage, denn so lange sie einem Vorurteil glauben, sind sie nicht offen dafür und beschäftigen sich nicht damit. Hier muss man also wirklich sagen, dass die Schule einiges kaputt geredet hat.
    Zumindest was die Frage der Sicherheit angeht, ist das für mich der Ursprung dieses Vorurteils.

    LG,
    Bylle

    7. April 2022 at 14:42
    • Elisa Offhauß
      Antworten

      Hallo Bylle,
      ich kann dir da leider nur zustimmen. Da ich im anderen Teil meines Lebens als Lehrerin arbeite, weiß ich auch aus persönlicher Erfahrung, dass dies heute noch so ist.
      Dabei möchte ich auch anmerken, dass NFP natürlich auch nicht zwangsläufig für jeden Teenager einfach umsetzbar ist. Die Offenheit dafür jedoch, das sehe ich wie du, kann in der Schule geschaffen werden. Das ist leider auch übertragbar auf viele andere Themen im Leben, wie ich auch in meinem Alltag immer wieder feststellen darf.
      Danke für deinen Kommentar und viele Grüße von Elisa

      9. April 2022 at 11:48

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